Rückblick

Die Ära Kartnig

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Hannes Kartnig verlässt als erfolgreichster Präsident von Sturm Graz die Bühne.

Einst war er als Retter des SK Sturm Graz und als erfolgreichster Klubpräsident der steirischen Fußball-Geschichte gefeiert worden. Seinen Abgang als Präsident des österreichischen Traditionsvereins hat sich "Zar" Hannes Kartnig daher wohl anders vorgestellt. Der 55-Jährige, der sich am Donnerstag sein Amt bei den Steirern niederlegte, hatte Sturm zu zwei Meistertiteln und im Jahr 2000 zu einem Gruppensieg in der Champions League geführt.

Sechs Jahre später befinden sich die Schwarz-Weißen im Konkurs, zu fahrlässig war Kartnigs Vorstandsriege mit den Champions-League-Millionen umgegangen.

14 Jahre Präsident
Im Dezember 1992 hatte der Selfmade-Millionär die Vereinsführung in einer schweren sportlichen und finanziellen Krise übernommen. Eine zwischenzeitlich von großen Erfolgen gezierte Präsidenten-Ära später ist eine existenzielle daraus geworden. Kartnig zog zum Wohle des Vereins die Konsequenz daraus, dass potenzielle Investoren eine für dessen Fortführung notwendige Bankgarantie mit seinem Abgang verknüpft hatten. Kartnig trat stets als Selbstdarsteller auf, beim Gang zum Konkursgericht hatte es aber selbst dem wortgewaltigen Präsidenten ( "Der schwerste Weg meiner Karriere") die Sprache verschlagen.

Kartnig kickte in der GAK-Jugend
Sturm war dem ehemaligen Goldschmied-Lehrling aus Gleisdorf, der in zweiter Ehe mit Claudia verheiratet ist, ans Herz gewachsen. Dabei hatte Kartnig in der Schülermannschaft des GAK zu spielen begonnen, dem jungen Kicker missfiel jedoch das Klima und er wechselte ins Lager des Stadtrivalen. Beim Grazer Juwelier Weikhard knüpfte der Lehrling erste Kontakte zu Vertretern der Werbebranche, um wenig später selbst darin sein Glück zu versuchen. Mit der Firma "Kartnig-Werbung" fabrizierte er schon 1976 seinen ersten Konkurs. Die angeblichen Lehren, die er laut eigener Biografie daraus gezogen hatte: "Keine Schulden mehr machen."

Einnahmen verprasst
Es kam ganz anders. Die unerwartet hohen Einnahmen aus der Champions League, mehr als 20 Mio. Euro brutto, waren rasch in unpassende und überteuerte Spieler gesteckt. Negatives Highlight: Der Rekord-Transfer von Ghana-Stürmer Charles Amoah für umgerechnet mehr als 3,5 Millionen Euro im Jänner 2001. Doch dem "Sonnenkönig" Kartnig, der mit seiner zweiten Firma, der " Perspektiven-Ankündigungs-GmbH", viel Geld in den Verein gesteckt hat, wurde ob seiner Erfolge vieles verziehen. "Meine Vision ist aufgegangen", versicherte der Lebemann, der 2003 bei seiner zweiten Hochzeit vom Trauzeugen Frank Stronach eine Weltreise geschenkt bekommen hatte, immer wieder.

Premieren-Meistertitel
Nach zwei Cupsiegen (1996,1997) als Ouvertüre folgte 1998 nämlich der ganz große Coup: Als erste steirische Mannschaft überhaupt holte Sturm unter Trainer Ivica Osim, Manager Heinz Schilcher und Präsident Kartnig die Meisterschale nach Graz - mit mitreißendem Offensiv-Fußball und 19 Punkten Vorsprung auf Rapid. Einer erfolgreichen Titelverteidigung im Jahr darauf folgten in der Saison 2000/2001 auch internationale Schlagzeilen, als die Grazer als bis dato einziger österreichischer Gruppensieger in die zweite Champions-League-Phase aufstiegen und dort auch noch Dritter wurden.

Kartnig stand zu Sturm
Das sinkende Schiff wollte Kartnig, der von 1989 bis 1996 als erster Doppelpräsident im österreichischen Spitzensport auch den Eishockey-Erstligisten EC Graz geführt hatte, daher selbst in Zeiten des drohenden Unterganges nicht verlassen. Dabei hatten lediglich die bereits zu hohen Altlasten im November des Vorjahres eine Übergabe des Sturm-Vorsitzes an den Carlo Platzer verhindert. "Die Masse will einen Kartnig", hatte der gewichtige Ex-Präsident noch Anfang der Woche versichert. Die Investorengruppe um den Spediteur Hans Fedl sah es anders und mit dem Gründer von "Kartnigs Perspektiven" keine Perspektive mehr für den Traditionsverein.

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