Nach Misserfolgen

Nervöser ÖSV empfiehlt Kirchgasser Rücktritt

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ÖSV-Präsident Schröcksnadel hinterfragt gesamtes bisheriges System.

Im Österreichischen Skiverband (ÖSV) zeichnet sich ein Paradigmenwechsel ab. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel lässt im Lichte nachlassender Alpin-Erfolge gerade untersuchen, wie man in Zukunft die Position an der Spitze des Skirennsports sicherstellen kann. Ein Zugang laute individuellere Betreuung, verriet der Tiroler am Rande des Damen-Weltcups in Flachau. "Wir wollen die Nummer eins bleiben."

Der mächtige Präsident lobte seine jungen Läuferinnen die aufgrund zahlreicher Verletzungen in die Bresche springen müssen. Für die einzig verbliebene arrivierte Athletin Michaela Kirchgasser hatte er einen ganz anderen Vorschlag parat: "Wenn es nciht mehr geht, ist es eben vorbei, dann muss man aufhören." Eine ungewöhnliche Rücktritts-Aufforderung die Schröcksnadel via Kleine Zeitung ausrichten ließ.

Wird der ÖSV jetzt nervös? Österreich sieht sich bekanntlich als Skination Nummer eins und unterstreicht das auch seit einem Vierteljahrhundert im Weltcup durch den ununterbrochenen Gewinn des Nationencups. Multierfolge wie der von Hermann Maier angeführte Neunfachsieg 1998 beim Herren-Super-G auf dem Innsbrucker Patscherkofel sind heute aber unmöglich. Zuletzt hielten vor allem Einzelathleten wie Marcel Hirscher oder bis zu ihrer schweren Verletzung Anna Veith (Fenninger) im Weltcup und bei Titelkämpfen die Fahnen hoch.

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Individual- statt Teambetreuung
Veith hatte vor ihrer Verletzung um (noch) mehr Individualität im ÖSV gekämpft und hat nun ähnlich wie Hirscher ein spezielles Betreuerteam um sich geschart, das auch einen eigenen (selbst bezahlten) Physiotherapeuten sowie eine Pressesprecherin umfasst. Viele Erfolgsgeschichten im Alpinrennsport seien von Läufern mit Individualbetreuung bzw. Privatteams geschrieben worden, betonte Schröcksnadel, dessen Strukturen jahrzehntelang auf Teamgeist und gemeinsames Training ausgerichtet waren.

Es gibt auch nach wie vor höchst erfolgreiche Gegenentwürfe wie Norwegen, wo das Team über allem steht. Sonst aber würden eher Individualisten vorne sein. "Selbst die Italiener überzeugen vor allem durch Masse. Aber einen Seriensieger wie Hirscher haben sie nicht", machte Schröcksnadel deutlich.

"Aus dem Kastl denken"
Deshalb wird jetzt der Hebel angesetzt. Man müsse "aus dem Kastl denken", also im Kopf neue Wege gehen, wenn es mit dem gewohnten Mannschaftsgefüge nicht mehr funktioniere, empfahl der Boss. Kleine Einheiten oder Privatteams sind nichts Neues. Marc Girardelli oder Günther Mader haben das schon vor Jahrzehnten getan. Eine Lara Gut oder eine Tina Maze kämpften sich mit Privatteams an die Spitze. Lindsey Vonn hat über das Team hinaus eine eigene professionelle Struktur, die von ihrem Privatsponsor organisiert wird.

"Fast alle Guten sind heute Einzelkämpfer", betonte Schröcksnadel. "Auch die Slowaken, die Slowenen, die Amerikaner. Aber auch ein Marcel Hirscher. Was er macht, unterstützen wir sinnvoll. Eine entsprechende Spezialbehandlung müsse man sich aber verdienen, unterstrich der Tiroler. "Es geht ja nicht um den Mittelbau sondern um jene, die gewinnen können."

Neue Modelle werden untersucht
"Also müssen wir überlegen was es braucht, um zu gewinnen. Und ein System entwickeln, dass die, die eine Chance haben ganz vorne zu landen, unterstützt." Wie dieses Modell aussehen könnte, werde gerade untersucht. Eines sei klar: "Anderswo müssen sie am Bauernhof arbeiten, um den Trainer bezahlen zu können. Auch unsere Leute müssen lernen, zu kämpfen, wenn sie ganz vorne mitfahren wollen. Da musst du wirklich ans Limit gehen, sonst gewinnst nichts."

Vom Verband her gelte es also, Spitzenläufern auch verstärkt im Training entsprechende Möglichkeiten zu schaffen, individuell zu trainieren. "Wir müssen genau überlegen, ob unser System noch zeitgemäß ist und welche Leute man besser individuell betreut." Eventuell sogar schon im Nachwuchs, also bei den 15- oder 16-Jährigen. Hier würde Ex-Rennfahrer Christian Greber aber bereits erfolgreich an einem neuen System arbeiten, berichtete Schröcksnadel.

System überholt?
Das bestehende System sei sicherlich erfolgreich und weiterhin gut, um Nachwuchs heranzubilden. "Aber um zu gewinnen, ist es überholt." Für einen künftigen Sonderstatus müsse man wie Hirscher oder Veith die richtige Einstellung mitbringen. "Wenn sich wer aufregt, warum er das nicht bekommt, kann er ja eine oder zwei Sekunden schneller fahren. Anna Veith hat das ja auch geschafft."

Dass es speziell bei den ÖSV-Damen zahlreiche Verletzungen gegeben hat, ist natürlich auch an Schröcksnadel nicht vorbeigegangen. Der Chef stellte sich trotz der aktuellen Negativ-Spirale hinter das Team und lässt die allesamt im Training passierten Unfälle gerade von Anton Giger untersuchen. "Keine Nation kann es sich leisten, eine ganze Mannschaft auf einen Schlag zu verlieren."

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