Doping-Prozess

Aufschrei nach Matschiner-Aussagen

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Ex-Sportler Schmölzer und Konrad fordern Reaktionen aus dem Sport.

Einen Tag nach der ersten Verhandlung im Doping-Prozess gegen Stefan Matschiner hat es in Österreich einen förmlichen Aufschrei wegen einiger Aussagen des früheren Sportmanagers gegeben. Vor allem dem vierfachen Ruder-Weltmeister Christoph Schmölzer (48), heute Arzt und Familienvater, sowie dem früheren Leichtathleten und Marathon-Veranstalter Wolfgang Konrad ist deshalb der Kragen geplatzt. Schmölzer nannte die Matschiner-Aussagen ein "Ablenkungsmanöver von krimineller Geschäftemacherei". Konrad pflichtete dem bei: "Das unterschreibe ich sofort!"

Ex-Radprofi
Matschiner, der auch den des Dopings überführten Ex-Radprofi Bernhard Kohl "betreut" hatte, hatte am Donnerstag am Wiener Straflandesgericht u.a. behauptet, Doping stehe in der Welt des Spitzensports an der Tagesordnung wie das Frühstück, werde nicht nur akzeptiert, sondern bis in höchste Sportfunktionärskreise sogar gedeckt. Ex-Ruderer Schmölzer sieht in diesen Aussagen eine ungeheuerliche pauschale Behauptung des sogenannten Sportmanagers Matschiner, die offenbar vom individuellen, gesundheitsgefährdenden und betrügerischen Fehlverhalten einiger weniger ablenken soll. "Sie rücken den gesamten österreichischen Sport in die Nähe des Dopings und sollen offenbar von der kriminellen Energie mafioser Geschäftemacher und skrupelloser Mediziner ablenken."

Dreimal Weltmeister
Schmölzer war Anfang der 1990er-Jahre dreimal Weltmeister im LG-Doppelvierer und ruderte davor im Doppelzweier mit Walter Rantasa zu Gold, Konrad war 1980 Olympia-Teilnehmer und mehrmals Weltranglisten-Dritter über 3.000 Meter Hindernis. Beide sind heute geschäftlich erfolgreich und dem Sport weiter eng verbunden. Doppeldoktor Schmölzer ist Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, in der zahnärztlichen Kommission der NADA und seit 10. Juni auch Vorstandsmitglied des Vereins" Karriere Danach". Konrad organisiert und veranstaltet höchst erfolgreich u.a. den Vienna City Marathon.

"Emotional und fachlich"
Beide sind aber auch Familienväter und fühlen sich daher nicht nur "emotional und fachlich" (Schmölzer) be- und getroffen. Doping sei ein hohe Gewinne bringendes Geschäft, das meist von Personen betrieben wird, die nicht aus dem Sport kommen, betonte Schmölzer. "Doping gefährdet die Gesundheit, kann sogar lebensgefährlich sein und ist ein Betrug am gesamten Sport. Verantwortungslose Mediziner und Manager gehören strengstens bestraft. Wir dürfen nicht zulassen, dass sie ihre Verantwortung mit völlig unhaltbaren Pauschal-Behauptungen herunterspielen", so der Wiener.

Aufklärung und Zusammenarbeit
Damit Sportler verbotene Mittel bekämen, bräuchten sie Dealer, also Geschäftsleute, betonte Schmölzer. Ärzte, die bei Doping helfen, seien bestenfalls Mediziner und keine Ärzte. "Da gibt es einen Eid", so Schmölzer, selbst Vater eines 15-jährigen, angehenden Ruderers. Aufklärung und Zusammenarbeit - auch mit den Eltern - sei Gebot der Stunde. Dass Matschiner den gesamten Sport mit unbewiesenen Behauptungen in Misskredit bringen könne, gefährde den Idealismus, die Berufsaussichten und die Zukunftsperspektiven von hochbegabten jungen Menschen.

Radsporttalent
Hier hakte auch Konrad, dessen 18-jähriger Sohn Patrick eines der Radsporttalente Österreichs ist, ein. "Warum fragt sich nach solchen Aussagen niemand, wie der Dopingkonsum finanziert wird? Wieso lassen alle Kohls Aussagen und jene von Matschiner einfach so unreflektiert stehen und bringen damit das ganze Land pauschal in Verdacht?", kritisierte Konrad und forderte Reaktionen: "Wo sind jetzt alle alle anderen Sportler, die Verbands-Präsidenten, wo ist der Sportminister?"

Drogenkriminalität
Konrad hat in diesem Zusammenhang auch ärgste Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Olympic Youth Games (YOG), deren erste Auflage am Samstag in Singapur beginnen. "Selbst die Soko Doping hat festgestellt, dass die Strukturen im Doping ähnlich jenen in der Drogenkriminalität sind. Dort werden die Süchtigen immer jünger, weil die Beschaffungs-Kriminalität neue Märkte braucht", erklärte Konrad. Selbiges passiere nun auch im Spitzensport. Mit Veranstaltungen wie den YOG beginne der Druck für junge Sportler noch früher. Konrads Horror-Szenario: "Die Strukturen verschieben sich altersmäßig nach unten, wie in der Drogenszene eben. Dem Wahnsinn wird ein neuer Markt zugeführt. Das ganze ist eine Schnapsidee!"

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