Australian Open

Nobody Kohlschreiber ringt Roddick nieder

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Neben Roddick ist auch Stefan Koubek ausgeschieden. Der letzte Österreicher verlor nach 4 Stunden Spielzeit und 5 Sätzen gegen den Franzosen Mathieu.

Philipp Kohlschreiber hat dem Aufschlag-Feuerwerk von Andy Roddick getrotzt und steht nach einer starken Vorstellung auf dem Center Court von Melbourne zum zweiten Mal in seiner Karriere im Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers. Sechs Tage nach seinem Turniersieg in Auckland entzauberte der 24-jährige Deutsche den am Ende völlig genervten und wild schimpfenden Weltranglisten-Sechsten aus den USA in einem packenden Fünf-Satz-Thriller 6:4,3:6,7:6 (9), 6:7(3),8:6.

Unter dem erstmals in diesem Jahr wegen Nieselregens geschlossenen Dach der Rod Laver Arena knallte der 25-jährige Roddick, der mit den USA im Februar im Davis Cup auf Österreich trifft, zwar 42 Asse mit zum Teil rekordverdächtigen 232 km/h ins Feld, doch Kohlschreiber war an diesem Abend im Melbourne Park der bessere Protagonist eines großartigen Spektakels. Und auch er schlug erstklassig auf und schaffte 32 Asse. "Ich glaube, so viele habe ich im ganzen letzten Jahr nicht geschlagen", scherzte er danach.

Roddick zu nervös
Als Kohlschreiber nach 30 Minuten den ersten Satz für sich entschieden hatte, zeigte sich bereits das angespannte Nervenkostüm des US-Amerikaners. Roddick suchte Blickkontakt mit seinem Trainer Jimmy Connors, der ihm - verbotenerweise - das eine oder andere Mal Tipps gegen das variable und druckvolle Spiel seines Gegners zu geben schien. Zudem war Roddicks Auftritt zwischenzeitlich eines Champions unwürdig, als der US-Open-Sieger von 2003 den französischen Stuhlschiedsrichter Emmanuel Joseph laut und vernehmbar einen "Idioten" nannte, dafür aber nicht einmal verwarnt wurde.

Der "neue Philipp Kohlschreiber", wie sich die deutsche Nummer zwei zuvor noch selber getauft hatte, zeigte diesmal auch in den entscheidenden Momenten Nervenstärke. Im dritten Durchgang wehrte er drei Satzbälle ab, ehe er seinen fünften verwertete. Nach 3:53 Stunden nutzte Kohlschreiber seinen fünften Matchball.

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Ein unglaubliches Match, aber aus österreichischer Sicht mit dem falschen Sieger: Lediglich zwei Punkte haben einem über weite Strecken ausgezeichnet spielenden Stefan Koubek gefehlt, um das dritte Major-Achtelfinale seiner Karriere zu erreichen. Der 31-jährige Kärntner musste sich am Freitag in der dritten Runde der Australian Open in Melbourne dem als Nummer 23 gesetzten Franzosen Paul-Henri Mathieu nach exakt 4 Stunden mit 6:4,6:7(4),6:2,5:7,6:8 beugen.

Führung aus der Hand gegeben
Achtelfinale bei den French Open 1999, Viertelfinale bei den Australian Open 2002 - doch aus dem Achtelfinale in Melbourne sechs Jahre später wurde nichts. Stefan Koubek gab eine 2:1-Satzführung noch aus der Hand, außerdem führte er im vierten und fünften Satz jeweils bereits mit 3:0. Selbst 18 Asse nützten dem ÖTV-Davis-Cup-Spieler nicht, um sich das erhoffte Achtelfinal-Duell mit Rafael Nadal (ESP-2) zu ermöglichen. Bei 6:5 im fünften Satz, Aufschlag Mathieu, egalisierte Koubek ein 40:15 zum Einstand, doch näher als jene zwei Punkte, kam er dem Sieg nicht mehr.

"Es ist schade, natürlich, aber ich weiß, dass ich mir nichts vorwerfen kann. Ich habe gefightet bis zum Ende. Es war eine Super-Partie, es war mehr drin, aber der hat halt hopp oder drop gespielt und es ist aufgegangen", meinte ein doch gezeichneter, aber gefasster Stefan Koubek. "Er hat unmenschliche Winner gespielt und am Ende wahrscheinlich verdient gewonnen."

Fan-Unterstützung
Auf dem 3.000 Zuschauer fassenden Showcourt 3 waren kaum noch Plätze frei, und Koubek wurde von einer Handvoll Österreichern immer wieder lautstark angefeuert. Und wohl auch von einigen Frühaufstehern, die die Übertragung live in ORF1 verfolgten. Die Nummern 68 und 25 der Welt zeigten fast durchgehend hochklassiges Hartplatz-Tennis, zwei ebenbürtige Gegner. Das Spiel wogte dementsprechend hin und her, immer wieder schien Koubek entscheidend im Vorteil. Speziell als er trotz verlorenem Tiebreak zum Satzausgleich, den dritten Durchgang in nur 31 Minuten mit 6:2 gewonnen hatte und im vierten schon 3:0 führte.

Eine Vorentscheidung fiel wohl im elften Game des vierten Satzes bei 5:5. Koubek wehrte sechs Breakbälle Mathieus ab, mit zwei Assen und spektakulären Bällen, doch den siebenten nützte der fünf Jahre jüngere Franzose zum Break, nach exakt drei Stunden stand ein fünfter Satz fest. Koubek ging erneut 3:0 in Front, Mathieu glich aus und bei 6:5 für Koubek und Einstand fehlten ihm gegen den servierenden Gegner nur noch zwei Punkte.

Nadal nicht im Kopf
An das unmittelbar bevorstehende Duell mit Nadal hat Koubek da aber nicht gedacht, versicherte er. "In so einem Match kommt das eigentlich überhaupt nicht mehr in den Kopf." Doch Mathieu stellte auf 6:6, Koubek gab sein Aufschlaggame in Folge zu Null ab und ließ im 14. Game dieses Satzes sogar noch eine Möglichkeit aus, auf 7:7 auszugleichen.

Zu wenig Konstanz beim Service
"Ich habe zwar teilweise unmenschlich serviert, dann aber zu unkonstant, wo ich dann teilweise zu viele zweite Aufschläge gebraucht hab", sah Koubek eine mögliche Ursache. Dabei hat Koubek mit 18 Assen so viele geschlagen wie selten zuvor. Doch letztlich ist bei so einer knappen Partie der wahre Unterschied zweier Spieler kaum auszumachen. Wenn eine Fünfsatz-Partie 6:8 ausgeht, dann ist das Alzerl Glück auf der anderen Seite gewesen."

Statistiken zu befragen, kann auch trügerisch sein: Koubek hat 187 Punkte, Mathieu nur 179 gemacht. Außerdem schlug Österreichs künftige Nummer 1 (nach den Australian Open) 76 Winner gegenüber nur 55 und auch 18:7-Asse sprachen für Koubek.

"Mir tut alles weh"
Das war dem ÖTV-Davis-Cup-Spieler am Ende alles egal, vor allem körperlich hat ihm die Partie freilich schon einiges abverlangt. "Es ist mir schon besser gegangen. Wenn man natürlich so eine Partie verliert, tut alles noch ein bisserl mehr weh, aber: alles halb so schlimm."

"Darauf kann ich aufbauen"
Sein Resümee war nach der "extrem toughen" Auslosung nach Siegen über Carlos Moya (ESP-16), Agustin Calleri (ARG) und dem knappen Aus gegen die Nummer 23 freilich trotzdem positiv. "Ich könnte mich beklagen, aber trotzdem habe ich eine Riesenchance gehabt, noch weiter zu kommen. Eigentlich bin ich glücklich wie ich spiele, darauf kann man aufbauen." Wenn er so weiterspiele, dann würden noch einige gute Momente auf ihn zukommen.

Koubek, der übrigens nach Vince Spadea der zweitälteste Spieler im Feld ist, hat in bisher 18 Fünf-Satz-Partien seiner Karriere zehn Mal gewonnen, drei Mal sogar, nachdem er 0:2-Sätze zurückgelegen war. Trösten darf er sich unter anderem mit 50.000 australischen Dollar (30.044 Euro) und einer Weltranglisten-Verbesserung von Platz 68 schon knapp an die Top 50 heran. Tendenz steigend.

Niederlagen in Doppel-Bewerben
Neben Koubek gab es noch drei weitere Niederlagen für ÖTV-Spieler: Werner Eschauer musste in der zweiten Doppelrunde mit seinem deutschen Partner Florian Mayer w.o. geben. Melzer/Peya scheiterten ebenso klar, wie Tamira Paszek im Mixed.

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Ein ganz tolles Match und nur knapp das Achtelfinale verpasst, sehr schade, oder?
Koubek: "Ja, es ist schade, natürlich. Ich habe gut gespielt. Ich weiß, dass ich mir nichts vorwerfen kann. Ich habe gefightet bis zum Ende. Aber ich fühle mich eigentlich gar nicht so schlecht, eher mehr körperlich, weil ich ziemlich müde bin. Aber es war eine Super-Partie, es war mehr drin, aber der hat halt hopp oder drop gespielt und es ist aufgegangen. Er hat unmenschliche Winner gespielt und am Ende wahrscheinlich verdient gewonnen."

Zwei Punkte vor dem Sieg - Ist da der Gedanke an das Achtelfinale gegen Nadal gekommen?
Koubek: "Der war schon vor dem Match da, aber nicht, dass er gestört hätte. Man weiß das, aber in so einem Match kommt das eigentlich überhaupt nicht mehr in den Kopf. Ich habe zwar teilweise unmenschlich serviert, dann aber zu unkonstant, wo ich dann teilweise zu viele zweite Aufschläge gebraucht hab."

Wo ist denn der Unterschied gelegen?
Koubek: "Das kann man nicht sagen. Ich hab echt gut serviert, aber wenn der erste Aufschlag nicht so gut war, ist Mathieu voll draufgegangen, hat extrem flach und schnell übers Netz gespielt. Wenn eine Fünfsatz-Partie 6:8 ausgeht, dann ist das Alzerl Glück auf der anderen Seite gewesen."

Sie waren vier Stunden auf dem Platz, wie fühlen Sie sich körperlich?
Koubek: "Ja, es tut schon alles ziemlich weh. Es ist mir schon besser gegangen. Wenn man natürlich so eine Partie verliert, tut alles noch ein bisserl mehr weh, aber alles halb so schlimm. Wenn ich wieder in Wien bin, wird wieder trainiert und vorbereitet auf den Davis Cup."

Wie lautet Ihr Resümee der Australian Open 2008?
Koubek: "Es war eine extrem toughe Auslosung Moya, Calleri, Mathieu, um Nadal zu spielen. Ich könnte mich beklagen, aber trotzdem habe ich eine Riesenchance gehabt, noch weiter zu kommen. Eigentlich bin ich glücklich wie ich spiele, darauf kann man aufbauen. Der nächste Grand Slam kommt ja bald einmal. Ich möchte einfach nur so weiterspielen, dann werden noch einige gute Momente auf mich zukommen."

Ihre Ziele für dieses Jahr?
Koubek: "Als Erstes mal wieder in die Top 50 kommen. Es gibt auch immer wieder Punkte zu verteidigen, aber darüber mach ich mir sehr wenig Sorgen in der Form, in der ich zur Zeit bin. Ich warte nur auf die nächsten Turniere und will so weiterspielen, dann sind die Top 50 lächerlich."

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Herren, 3. Runde
Rafael Nadal (ESP-2) - Gilles Simon (FRA-28) 7:5,6:2,6:3
Nikolaj Dawidenko (RUS-4) - Marc Gicquel (FRA) 6:3,6:2,6:3
Michail Juschnij (RUS-14) - Ivo Karlovic (CRO-20) 6:2,6:4,6:2
Paul-Henri Mathieu (FRA-23) - Stefan Koubek (AUT) 4:6,7:6(4),2:6,7:5,8:6
Jo-Wilfried Tsonga (FRA) - Guillermo Garcia-Lopez (ESP) 6:3,6:4,6:2
Richard Gasquet (FRA-8) - Igor Andrejew (RUS-31) 6:3,6:2,4:6,6:4
Philipp Kohlschreiber (GER-29) - Andy Roddick (USA-6) 6:4,3:6,7:6(9),6:7(3),8:6
Jarkko Nieminen (FIN-24) - Mardy Fish (USA) 3:6,7:6(4),6:3,6:1

Damen, 3. Runde
Justine Henin (BEL-1) - Francesca Schiavone (ITA-25) 7:5,6:4
Jelena Jankovic (SRB-3) - Virginie Razzano (FRA-30) 6:2,4:6,6:1
Maria Scharapowa (RUS-5) - Jelena Wesnina (RUS) 6:3,6:0
Serena Williams (USA-7) - Victoria Asarenka (BLR-26) 6:3,6:4
Jelena Dementjewa (RUS-11) - Shahar Peer (ISR-17) 6:2,6:0
Nicole Vaidisova (CZE-12) - Ai Sugiyama (JPN) 6:3,6:4
Hsieh Su-wei (TPE) - Aravane Rezai (FRA) 6:2,6:7(3),6:4
Casey Dellacqua (AUS) - Amelie Mauresmo (FRA-18) 3:6,6:4,6:4

Herren-Doppel, 2. Runde
Lucas Arnold Ker/Feliciano Lopez (ARG/ESP) - Werner Eschauer/Florian Mayer (AUT/GER) w.o./Eschauer Verletzung rechte Schulter
Daniel Nestor/Nenad Zimonjic (CAN/SRB-2) - Jürgen Melzer/Alexander Peya (AUT) 6:2,6:3

Mixed, 1. Runde
Janette Husarova/Mariusz Fyrstenberg (SVK/POL) - Tamira Paszek/Marcelo Melo (BRA) 6:3,7:5

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