Das neue Luftschacht-System in der Formel 1

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Erst war es das Knie, jetzt ist es die Hand. Im Formel-1-Cockpit ist in Zukunft noch mehr Multitasking gefordert als bisher. Der Grund ist eine neue Modeerscheinung - der Luftschacht, der das Auto auf der Geraden um mehr als fünf km/h schneller macht. McLaren führte das System zu Saisonbeginn ein. Die Fahrer müssen dabei auf der Geraden mit dem Knie ein Ventil im Cockpit zudrücken.

Der Konkurrenz blieb der Vorteil nicht verborgen, Ferrari rüstete als erstes der Topteams für den Europa-Auftakt nach. Die Italiener verwenden in Barcelona eine eigene Version, in der die Piloten mit dem linken Handschuh ein Loch zuhalten - bei mehr als 300 km/h. Eine spezielle Beschichtung soll für möglichst gute Abdichtung sorgen. "Eigentlich ist das System nicht schwer zu bedienen", sagte Lokalmatador Fernando Alonso. "Das ist kein Problem."

Dabei haben Formel-1-Fahrer ohnehin bereits viel mehr zu tun, als einfach im Kreis zu fahren. Das Benzingemisch will mitunter mehrmals pro Runde verstellt werden, die Motoreinstellung, die Bremsbalance. Jetzt muss auch noch auf der Geraden mit Knie, Ellenbogen oder Hand eine Öffnung geschlossen werden. "Das ist bedenklich, denn es ist auch ein Sicherheitsrisiko", erinnerte Red Bulls Motorsport-Berater Helmut Marko im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur.

Einerseits können die Fahrer abgelenkt werden, andererseits könne bei einer ungewollten Schließung des Ventils der Luftstrom zum Heckflügel auch in einer Kurve abreißen - was fatale Folgen haben kann. Sauber-Pilot Kamui Kobayashi etwa war deshalb am Samstag im Training für den Grand Prix von Spanien abgeflogen. Ist das Loch im Cockpit geschlossen, sorgt ein kleiner Luftschacht durch das Auto für einen anderen Strömungsverlauf zum Heckflügel, weniger Abtrieb und dadurch höheren Topspeed auf der Geraden.

Üblicherweise ist der Schacht durch das Cockpit unterbrochen. Wirkung zeigt er nur, wenn das Ventil zu ist. Das Reglement verbietet flexible mechanische Teile am Auto zur Steuerung. Der Pilot ist aber nicht Teil des Autos und darf daher eingreifen. Müssen noch weitere Einstellungen verändert werden, leidet die Kernaufgabe - das Lenken des Autos. "Wenn man das zu Hause im Straßenverkehr macht, nehmen sie einem den Führerschein ab", sagte Marko.

Der Steirer ist kein Freund des Systems, Red Bull muss aber ebenfalls in diese Richtung entwickeln, um seine Vormachtstellung nicht einzubüßen. "Wir arbeiten daran", versicherte Sebastian Vettel. Kommende Woche in Monaco ist der Luftschacht aufgrund der Streckencharakteristik kein Faktor. Bis zum Türkei-GP Ende Mai soll auch das derzeit überlegene Auto der Formel 1 über das System verfügen. Durch den Renault-Motor sind die Bullen auf der Geraden ohnehin nicht die Schnellsten. Aber auch nur dort.

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