Samstag Tag der Entscheidung für Alpin-Herren

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Das Beste kommt zum Schluss. Das sagt Benjamin Raich gern, wenn das Gejammere über die Erfolglosigkeit der alpinen Ski-Herren in den Speedbewerben wieder einmal sehr laut wird. Beim olympischen Slalom am Samstag lastet auf Raich, Herbst, Pranger und Hirscher der Druck, eine historische Schlappe zu verhindern, denn noch nie blieben die Alpinherren bei Olympia ohne Medaille.

Das bisher schlechteste Abschneiden datiert aus dem Jahr 1984 in Sarajevo, als Abfahrer Anton "Jimmy" Steiner mit Bronze zumindest die Ehre rettete. 1936 in Garmisch-Partenkirchen hatte Österreich wie die Schweiz auf ein Antreten verzichtet, weil Skilehrer als Berufssportler nicht zugelassen waren. 2010 in Whistler ist noch möglich, dass die Herren von null auf drei Medaillen hochschießen. Schlag nach 2006 in Turin, als im Slalom durch Raich, Herbst und Rainer Schönfelder ein Dreifachsieg eingefahren worden war. Die WM-Titel 2007 in Aare (Mario Matt) und 2009 in Val d'Isere (Pranger) gingen ebenfalls an die Alpenrepublik.

Während Hirscher und Raich nach dem Riesentorlauf zum Training in Whistler geblieben und mit den Schnee-Bedingungen vertraut sind, bereiteten sich Herbst und Pranger auf eisiger Piste in Sun Peaks vor und übersiedelten erst am Donnerstag nach Whistler. Was nicht unbedingt ein Nachteil sein muss, sagte Technik-Cheftrainer Christian Höflehner. "Es war die goldrichtige Entscheidung, dass sie erst heute gekommen sind. Ich war heute mit Marcel auf dem Rennberg beim offiziellen Training, da waren 120 Leute, die trainieren wollten, da oben geht es drunter und drüber. Da in aller Ruhe ein konzentriertes Training zu machen, das ist sehr schwierig. In Sun Peaks war es perfekt möglich."

Wenn er es sich aussuchen könne, hätte er für das Rennen eine Piste wie in Schladming lieber, er glaube aber, dass das spät angereiste Duo Erfahrung und Routine genug habe, um sich in einem Tag auf die weichen Verhältnisse einzustellen. "Alle haben schon bewiesen, dass sie auf dem Schnee schnell Skifahren können. Marcel ist zum Beispiel in Moskau bei genau den Verhältnissen sehr schnell gewesen", sagte Höflehner. Was sich auf Frühlingsschnee allerdings ändere, sei der Favoritenkreis. "Es wird unberechenbarer. Es kann auch sein, dass die Startnummern ein Thema werden und man mit sieben schon keine Chance mehr hat."

Der Pitztaler Raich, für den der Slalom die vierte und letzte Chance auf eine Medaille ist, weiß, dass ihm die Schneeverhältnisse liegen. Was er sich wünscht sind "normal gesteckte" Läufe. Zumindest im zweiten Durchgang sollte ihm das erfüllt werden, denn da setzt Höflehner. Hirscher, der im Riesentorlauf als Vierter eine Medaille knapp verpasst hatte, hat ein Ziel. "Sollte es zur Entscheidung kommen, möchte ich um 8/100 schneller sein." Aus dem Riesentorlauf hat er vor allem eins gelernt. "Das man auch, wenn es nicht so gut ausschaut, wenn die Grundvoraussetzungen nicht da sind, trotzdem das Bestmögliche gibt, denn das muss dann gar nicht so schlecht ausschauen."

Zagreb-Sieger Giuliano Razzoli aus Italien wird wegen der Kursbeschaffenheit und den Schneeverhältnissen als Gold-Anwärter gehandelt, die Rolle des Topfavoriten gehört aber Herbst, der vier der acht Saison-Slaloms gewonnen hat und vor vier Jahren in Turin die Silbermedaille eroberte. Der Liebhaber eisiger, harter und steiler Verhältnisse hat zuletzt in Kranjska Gora bewiesen, dass er auch auf weichem Untergrund Siegqualitäten hat. "Ich weiß definitiv, welches Material für mich in Frage kommt. Der Ski, den ich in den letzten beiden Rennen gefahren bin, der geht gut." Zum Favoritenkreis sagte der Salzburger: "Bei weichen Bedingungen ist er viel größer. Wer hätte gedacht, dass Didier Cuche so geschlagen nach Hause muss. Es hat nicht sein wollen, genauso sehe ich das."

Kein Geheimnis daraus, dass ihm die Schneeverhältnisse nicht liegen, macht der regierende Weltmeister Pranger. "Ich habe einen Trainingstag bei diesem Schnee. Ich versuche, das in den Kopf und in die Füße zu bekommen und so gut wie es für mich möglich ist, zu lösen. Ich gebe immer hundert Prozent. Und das mache ich bei allen Bedingungen." Den ersten und bisher letzten Olympiaeinsatz hatte Pranger 2002 in Salt Lake City (Ausfall), 2006 verpasste er die Qualifikation gegen Mario Matt. Der zweifache Weltmeister aus Flirsch ist dieses Mal nur Ersatzmann und ergo vermutlich Zuseher.

Dass am Samstag sehr viel passieren kann, weiß auch der 32-jährige zweifache Vater aus Gschnitz. "Das haben wir bei der WM vergangenes Jahr gesehen. Wir sind mit fünf Läufern am Start gestanden und schlussendlich war nur ich im Ziel. Es kann auch das komplette Gegenteil passieren. Wie 2006 in Turin, als wir alle drei Medaillen hatten", sagte Pranger.

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