Deutscher Keppler ätzt: "Herren-Abfahrt zu leicht"

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Noch nie hat um eine Herren-Abfahrt bei Olympia eine derartige Geheimniskrämerei geherrscht wie bei den Spielen in Vancouver. Die Piste in Whistler Creekside, auf der am 13. Februar die ersten Alpin-Medaillen vergeben werden, wurde von den Kanadiern seit Jahren beharrlich unter Verschluss gehalten und zu exklusiven Trainings genutzt, während die anderen Nationen ausgeschlossen blieben.

Dennoch schwang sich mit dem Deutschen Stephan Keppler nun ausgerechnet ein krasser Außenseiter zu einer Kritik auf. Keppler bezeichnete die Dave-Murray-Strecke als "zu leicht für die Herren". Der 27-Jährige, der sich als erster deutscher Abfahrer seit 16 Jahren regulär für Olympia qualifiziert und als Achter in Lake Louise 2006 ein einziges Top-Ten-Ergebnis im Abfahrtsweltcup geschafft hat, griff in einem Interview mit www.spox.com tief in die Kritikkiste.

"Diese leichte Abfahrt, wie es sie bei Olympia leider oft gibt, liegt mir gar nicht. Da kann man Frauenrennen drauf machen, aber für Männer ist das nichts. Es geht eine Minute lang flach dahin, bis endlich mal ein paar Kurven kommen. Das ist eine reine Gleiter-Abfahrt", meinte Keppler.

Woher er seine genauen Informationen hat, verriet Keppler nicht. Selbst ÖSV-Herrenchef Toni Giger kann sich nicht erinnern, dass jemals um eine Olympia-Abfahrt von den Gastgebern eine derartige Geheimniskrämerei betrieben worden wäre. Sowohl vergangenes Frühjahr, als einige ÖSV-Läufer extra zur Besichtigung eingeflogen waren, als auch vergangene Woche bei einem Kurzbesuch von Abfahrtscoach Andi Evers gab es wegen der für Ausländer gesperrten Piste wenig bis gar nichts zu sehen.

Die Kanadier hingegen, die laut Programm zwei bis drei Alpinmedaillen holen "müssen", hatten sowohl im Frühjahr als auch nun nach Kitzbühel nochmals darauf trainiert. Nicht zufällig ist Lokalmatador Manuel Osborne-Paradis deshalb einer der Topfavoriten am kommenden Samstag.

Österreichs Abfahrtsmannschaft steht noch nicht endgültig. Aber Michael Walchhofer und Mario Scheiber sollten fix sein, Hans Grugger und Klaus Kröll können wohl nur noch durch eine andauernd exzellente Trainingsleistung eines Teamkollegen aus dem ÖSV-Quartett gefahren werden.

Walchhofer und Co. werden sich der Olympiastrecke außerdem nun doch "fliegend" nähern. Nachdem am Duffey Lake eine Landegenehmigung erwirkt wurde, werden die Abfahrtsasse nach Ende des Trainings in Sun Peaks am Montag per Helikopter bis auf 60 Kilometer an Whistler herangebracht. Ob dieses Flugshuttle auch während der Spiele genutzt wird, ist aber weiterhin offen. Wegen der wackeligen Wetterprognosen und der 48-Stunden-Regel, innerhalb der Bewerbe getauscht werden können, sind Benjamin Raich und Co wohl besser im olympischen Dorf aufgehoben.

Die restlichen ÖSV-Herren werden derzeit "etappenweise" nach Nordamerika verfrachtet. Die Abfahrer kamen zuerst, Philipp Schörghofer und Marcel Hirscher verbringen einige Tage in Florida und wären bei einer Programmänderung relativ schnell in Whistler. Benjamin Raich hat in Österreich regeneriert und kommt wie Hannes Reichelt am 8. Februar direkt ins Olympische Dorf. Reinfried Herbst geht bekanntlich in Kalifornien Motorradfahren, nur "Schneetiger" Manfred Pranger fliegt direkt nach Sun Peaks.

Vier Tage nach den Herren rittern die Damen am gleichen Berg um Abfahrtsmedaillen. Aus dem Lager der Topfavoritinnen gab es am Wochenende davor unterschiedliche Neuigkeiten. Während US-Doppelweltmeisterin Lindsey Vonn ihrer virtuellen Fangemeinde freudig mitteilte, das sie auch während Olympia weiter "twittern" und "facebooken" dürfe, hat die Deutsche Maria Riesch den Test mit Herren-Ski abgebrochen und wird bei Olympia auf Frauen-Latten um Medaillen kämpfen.

Riesch-Freundin Vonn hatte die ersten fünf Saisonrennen auf ehemaligen Ski von Bode Miller gewonnen, ehe sie zuletzt in St. Moritz von Riesch erstmals besiegt wurde. "Es hat überhaupt nicht funktioniert. Ich war mit meinen normalen Ski schneller. Das Thema hat sich für Olympia erledigt", sagte Slalom-Weltmeisterin Riesch nach den abgebrochenen Tests mit den Herren-Skiern gegenüber der "Bild"-Zeitung.

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