Neue Richtlinien

Sexismus bei Sporthilfe? Frauen fühlen sich diskriminiert

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 Investition in den Nachwuchs, Förderung nur bis 40 Jahre.

Die Österreichische Sporthilfe hat Einstufungsrichtlinien und Leistungskriterien für das Förderprogramm adaptiert. Änderungen sind die Senkung des Alters der Antragsteller auf maximal 40 Jahre, die Investition in den Nachwuchsleistungssport sowie die unterschiedliche Bewertung von Leistungen der Männer und Frauen in einigen Sportarten. Das sorgt bei den betroffenen Athletinnen für Kritik.

Anträge dürfen nur noch bis zum Alter von 40 Jahren eingereicht werden, davon nicht betroffen sind Athletinnen und Athleten der Kategorie Behindertensport. "Die Sporthilfe setzt ihre Mittel effizient ein und den Fokus nicht nur auf den Spitzen-, sondern nun noch erweiterter auf den Nachwuchsleistungssport", teilte Sporthilfe-Geschäftsführer Harald Bauer auf Anfrage der APA mit. Erstmal würden auch Medaillen beim European Youth Olympics Festival zu einer Einstufung führen. "Wir wollen Nachwuchsathletinnen und -Athleten bereits in einem frühen Stadium auf ihrem Weg an die Spitze begleiten und so unsere Mittel verstärkt in die Spitzensportler von morgen investieren."

Aus Erfahrung wisse man, dass nur einzelne Athletinnen und Athleten das Höchstalter von 40 Jahren überschreiten und dass diese Sportler in der Regel bereits viele Jahre lang von der Sporthilfe unterstützt wurden, begründete er die Senkung des Alterslimits von 45 um fünf Jahre.

Athletinnen sind erbost

Die 45-jährige Snowboarderin Claudia Riegler, die im Jänner den Weltcup-Parallel-Slalom in Bad Gastein gewonnen hat, fällt damit nach vielen Jahren aus dem Förderprogramm. "Es steht bei meinem Namen die Zahl 45, aber die Leistung stimmt, ich bin 25 Jahre dabei und immer in der Weltspitze", erklärte Riegler, die 2015 mit 41 Jahren Weltmeisterin geworden war. Nicht nachvollziehen kann die Salzburgerin auch eine weitere Änderung. Jede Sportart wird nun extra bewertet, welche Leistungen für welchen Status gelten. Der für alle Sportarten geltende Zusatz "jede Platzierung muss innerhalb des ersten Viertels der Gesamtteilnehmerzahl des jeweiligen Bewerbs liegen" aus dem 2017-Papier wurde gestrichen.

In vielen Sportarten gelten für Männer und Frauen nach wie vor die gleichen Leistungskriterien für die Förderung. In einigen Sommersportarten/disziplinen (Mountainbike, BMX, Tennis, Tontaubenschießen), vor allem aber im Wintersport (Ski Cross, Kunstbahnrodeln, mehrere Ski-Freestyle-Disziplinen, sämtlichen Snowboard-Disziplinen und Skispringen) werden nun - zumeist auf Weltcup-Ebene, aber auch bei WM - Ergebnisse von Herren und Damen unterschiedlich bewertet. Frauen müssen bessere Leistung zeigen, um gleich viel Geld wie die Männer zu erhalten.

Begründet wird das von der Sporthilfe mit der Teilnehmerzahl, die bei den Damen kleiner ausfällt. "Wir haben mit diesem Modell die Sportarten angepasst und gerechte Lösungen gefunden, die nach eingehender Diskussion innerhalb der Kommission einstimmig bestätigt und in weiterer Folge ebenfalls einstimmig vom Vorstand beschlossen wurden", teilte Bauer mit. In der Kommission sitzen Vertreter von BMOEDS (Bundesministerium für öffentlichen Dienst und Sport), BMLVS (Verteidigungsministerium), BSO (Bundessportorganisation), BSG (Bundes-Sport GmbH), ÖPC (Österreichisches Paralympisches Komitee) und ÖOC (Österreichisches Olympisches Komitee) sowie die Sporthilfe-Athletenvertreter.

"Ich frage mich, was die Teilnehmerzahl mit der Leistung zu tun hat. In elf Weltcuprennen gab es heuer neun verschiedene Siegerinnen, das sagt für mich alles aus", erklärte Riegler, die sich "um Jahrzehnte zurückgeworfen" fühlt. In der Geschichte der Sporthilfe sei die Leistung von Frauen und Männern bis jetzt noch nie unterschiedlich bewertet worden. Frauen würden gleich viel und hart trainieren und gleich viele Läufe absolvieren müssen.

Neue Förder-Richtlinien

Im olympischen Parallel-Riesentorlauf müssen bei der gleichen Anzahl an Bewerben Frauen im Weltcup viermal in die Top vier kommen, Männer hingegen viermal in die Top acht, um jeweils den Goldstatus bei der Förderung zu erlangen. Die Gesamtweltcupdritte Sabine Schöffmann landete in diesem Winter im Weltcup im PGS dreimal in den Top vier, einmal war sie Fünfte, das reicht nicht zum Goldstatus.

"Ich war geschockt, als ich die neuen Richtlinien gesehen habe. Das ist ein Wahnsinn in der heutigen Zeit. Frauenleistungen haben eh schon eine geringere Wertschätzung. Die Sporthilfe zeigt uns Schwarz auf Weiß, wie sie das empfindet", sagte die Kärntnerin, die von einem "Schlag ins Gesicht" spricht.

Das Damen-Teilnehmerfeld sei kleiner, aber das würde nichts über die Dichte an der Spitze aussagen. Es würden sich wie bei den Herren 16 qualifizieren müssen. "Und auf einmal soll meine Leistung weniger wert sein wie die der Männer? Ich muss doppelt so gut sein, um die gleiche Förderung zu erhalten", meinte Schöffmann verärgert. Das sei ein Rückschritt in einer Zeit, die auf Fortschritt aus sei und wo in vielen Sportarten das Preisgeld angeglichen werde.

Die 1971 gegründete Sporthilfe unterstützt Sportler in den Kategorien Gold, Silber (jeweils allgemeine Klasse) sowie Bronze (Nachwuchs). Dafür gibt es für die Athleten je nach Einstufung monatlich 800, 400 bzw. 200 Euro in olympischen und paralympischen Disziplinen und wenn sie nicht von einer Sportförderstelle (HSZ, BM.I, BMF, etc.) sozial abgesichert sind. Mit Sportförderstelle belaufen sich die Beträge auf 600, 250 bzw. 100. In nicht olympischen und nicht paralympischen Disziplinen gibt es maximal 250. Von der Förderung ausgeschlossen sind u.a. Mannschafts- und Teamleistungen sowie Athleten, deren jährliches zu verteuerndes Einkommen 100.000 Euro übersteigt.

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