Johannes Dürr

Doping-Arzt bereits amtsbekannt

Doping-Affäre wird zu Justiz-Skandal

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Beim Kampf gegen das Doping im Sport macht die Justiz seit Jahren eine unglückliche Figur.

Skandal 1. Der aktuelle Doping-Skandal von Seefeld zeigt vor allem eines: Die Justiz hat auf allen Ebenen versagt. Sonst hätte der deutsche Mediziner Mark Schmidt (sitzt seit einer Woche in München in Untersuchungshaft) nicht so lange werken dürfen. Schon Dopingsünder Bernhard Kohl hat seinen einstigen Mannschaftsarzt beim Team Gerolsteiner 2009 belastet. Er habe damals, so Kohl, Namen bei der Polizei genannt. „Wenn man sieht, dass derselbe Arzt zehn Jahre danach noch immer tätig ist, dann ist das schon fragwürdig“, so Kohl. Schmidt kam damals ungeschoren davon – obwohl ihn neben Kohl noch andere Sportler der Beihilfe zum Doping bezichtigt haben. Auch 2014 führten Aussagen des Dopingsünders Dürr zu Schmidt. Wieder passierte nichts.

Justiz gab Matschiner die Blutzentrifuge zurück

Skandal 2. Der wegen versuchten Blutdopings und der Weitergabe von illegalen Dopingmitteln zu 15 Monaten Haft verurteilte Sportmanager Stefan Matschiner hat 2010 nach seiner Entlassung sein Doping-Equipment zurückbekommen. Er gab die Blutzentrifuge und seine Kontakte an Schmidt („Er hat mich darum gebeten“) weiter. Die Justiz schaute zu. Matschiner: „Die Deutschen waren offenbar nicht so konsequent wie damals die österreichische Soko.“

Der größte Doping-Skandal seit Operación Puerto droht

Skandal 3. Jetzt, neun Jahre später, droht der größte Doping-Sumpf seit Jahren. Matschiner, der vor drei Wochen erstmals wieder seit fünf Jahren mit Schmidt telefoniert hatte, behauptete in der ZiB2, er habe Informationen, dass dieses Netzwerk „wirklich etwas Großes sein kann, auch so groß wie bei Herrn Fuentes in Spanien“.

Bei der Operación Puerto 2006 wurden damals die sichergestellten Blutbeutel aber vernichtet. Matschiner: „Ich hoffe, dass das diesmal nicht passiert.“ Denn: Die jetzt sichergestellten Blutbeutel könnten per DNA-Abgleich den Sportlern zugeordnet werden. Bisher war das Geschäftsinteresse größer als die Moral. Darum wurde viel vertuscht.

 

Langläufer wird von Kollegen belastet: "Aufdecker" Dürr gesteht jetzt Doping

Der Sportler wurde einen Tag in Haft einvernommen. Gestern wieder enthaftet.

Innsbruck. Johannes Dürr, der seit seinem Doping-Outing als „Aufdecker“ der Affäre gesehen wird, wurde am Dienstag wie berichtet verhaftet. Hansjörg Mayr von der Staatsanwaltschaft Innsbruck begründet dies so: „Gegen ihn bestand und besteht der Verdacht des Sportbetrugs. Neben dem Verdacht, dass er andere Sportler an den Erfurter Sportmediziner vermittelt habe, haben die Ermittlungen zuletzt den Verdacht ergeben, dass Dürr selbst auch bis vor Kurzem Eigenblutdoping betrieben hat und sich dabei von diesem Arzt behandeln ließ. [...] Dürr hat in Abrede gestellt, andere an den Sportmediziner vermittelt zu haben. Er hat zugegeben, seit Jahren und bis zuletzt Eigenblutdoping betrieben zu haben. [...].“

Weil die Staatsanwaltschaft nicht davon ausgeht, dass Dürr die Ermittlungen behindern oder untertauchen könnte, wurde er gestern wieder enthaftet.

Doku. Dürr brachte den Stein ins Rollen, als er in einer ARD-Doku mit dem Doping im Spitzensport aufräumte und so die Ermittlungen auslöste. Er wird von seinen Kollegen Dominik Baldauf und Max Hauke belastet, sie an den Doping-Doc M. Schmidt vermittelt zu haben.

 

Die Chronologie der Doping-Affäre

17. Jänner: Eine ARD-Doku zum Thema Doping löst Ermittlungen in Deutschland und Österreich aus. In der Doku packt Austro-Langläufer Johannes Dürr über die dunkle Seite des Spitzensports aus.

27. Februar: Während der Ski-WM in Seefeld in Tirol führt die Polizei Razzien durch. Fünf Sportler werden festgenommen, darunter die Austro-Langläufer Max Hauke und Dominik Baldauf. Bei Hausdurchsuchungen in Erfurt (D) fasst die Polizei den Sportarzt Mark Schmidt, der als Drahtzieher eines Doping-Netzwerks gilt.

1. März: Der Skandal erreicht den Radsport. Stefan Denifl gesteht Blutdoping.

3. März: Radfahrer Georg Preidler erstattet Selbstanzeige. Er habe Blut abnehmen lassen, es aber nie verwendet.

5. März: Johannes Dürr wird selbst an seinem Arbeitsplatz in Innsbruck verhaftet.

 

 

 

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