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Medien-Prozess um Missbrauchsvorwürfe

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Kommenden Donnerstag wird in Wien Klage Kahrs gegen 'Süddeutsche Zeitung' behandelt.

Am kommenden Donnerstag wird am Wiener Landesgericht eine Klage behandelt, die der mit Missbrauchsvorwürfen konfrontierte ehemalige ÖSV-Trainer Karl "Charly" Kahr gegen die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) eingebracht hat. Diese war im vergangenen Februar mit den Anschuldigungen gegen den mittlerweile 86-Jährigen an die Öffentlichkeit gegangen.

Die SZ hatte berichtet, Kahr habe sich als Trainer der österreichischen Ski-Damen in den 1960er- und 1970er-Jahren an Athletinnen vergangen. Konkret bezog sich die Zeitung auf zwei ehemalige Skirennläuferinnen. Die eine behauptete, sie sei als 16-Jährige im Winter 1968/69 vom damaligen Damen-Cheftrainer vergewaltigt worden, die zweite erklärte, Kahr sei im Winter 1976 über sie hergefallen, als der Weltcup im kanadischen Quebec Station machte.

Der als "Downhill Charly" in die Annalen eingegangene Steirer bestreitet die Vorwürfe, sein Rechtsbeistand Manfred Ainedter klagte die SZ wegen übler Nachrede, Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und Verletzung des Identitätsschutzes. Ainedter argumentiert damit, Kahr übe seit mehr als 30 Jahren kein Traineramt mehr aus und sei daher nicht mehr als eine Person des öffentlichen Interesses anzusehen. Daher hätte sein Name in Verbindung mit dem Tatverdacht nicht genannt werden dürfen.

SZ will Wahrheitsbeweis antreten

Die SZ hat allerdings den Wahrheitsbeweis für die Richtigkeit ihrer Darstellung angeboten und hält daran weiter fest, wie die Wiener Medienrecht-Spezialistin Maria Windhager, die die Zeitung vertritt, am Freitag auf APA-Anfrage bekräftigte. Zur Verhandlung sind vorerst nur die mit der Berichterstattung befassten SZ-Redakteure als Zeugen geladen. Offen ist, ob in weiterer Folge auch die beiden Skifahrerinnen als Zeuginnen gehört werden. Eine der beiden - eine ehemalige Abfahrerin, die in den früheren 1970er-Jahren im Weltcup mehrmals unter die Top Ten fuhr - ist bisher medial noch nie genannt worden. Die Identität der zweiten ist mittlerweile insofern bekannt, als Kahr gegen sie am Bezirksgericht Bludenz ein Verfahren wegen übler Nachrede betreibt, das am 9. November fortgesetzt wird.

Gegen Kahr selbst wurde von der Staatsanwaltschaft Leoben auf Basis der von der SZ ausgehenden und von zahlreichen Medien aufgegriffenen Anschuldigungen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dieses ist inzwischen abgeschlossen, ein von der Oberstaatsanwaltschaft Graz und dem Justizministerium geprüfter Vorhabensbericht befindet sich am Retourweg nach Leoben, gab Behördensprecher Andreas Riedler am Freitag auf APA-Anfrage bekannt. Ob das Missbrauchs-Verfahren - wie von Kahrs Anwalt Ainedter erwartet - aufgrund von Verjährung eingestellt wird, könnte Mitte kommender Woche feststehen.

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